Sie sind alle weggelaufen, die starken Männer. Nur sie sind geblieben, unter dem Kreuz: Maria, seine Mutter und der Jünger Johannes, sie haben Jesus in seiner Todesstunde nicht alleine gelassen.
Und Jesus spricht zu ihnen. Trotz seiner Todesnot, trotz seiner entsetzlichen Schmerzen am ganzen Leib –
er ist gegeißelt worden, man hat ihm eine Krone aus stechenden Dornen auf den Kopf gedrückt, seine Schultern schmerzen, denn er hat das schwere Kreuz getragen vom Palast des römischen Statthalters Pontius Pilatus durch Jerusalem bis vor die Tore der Stadt auf den Hügel Golgatha, dort hat man ihm Nägel durch Hände und Füße geschlagen –
trotz all der Qualen denkt er an seine Mutter. Sie steht jetzt allein da, die Witwe, für die niemand sorgt. Denn in der Welt vor 2000 Jahres gab es keine Rente, keine Sozialversicherung; die Witwen waren auf ihre Familie angewiesen oder auf Almosen von hilfsbereiten Menschen.
Da vertraut Jesus seine Mutter seinem treuen Jünger an. Im Evangelium nach Johannes (er selbst, der unter dem Kreuz steht, hat es geschrieben) lesen wir (Joh. 19,25-27):
Bei dem Kreuz standen seine Mutter und die Schwester seiner Mutter, Maria, die Frau des Kleopas und Maria von Magdala. Als Jesus seine Mutter sah und bei ihr den Jünger, den er liebte, sagte er zu seiner Mutter: Frau, siehe, dein Sohn! Dann sagte er zu dem Jünger: Siehe, deine Mutter! Und von jener Stunde an nahm sie der Jünger zu sich.
Das Wegekreuz zeigt diese Situation. Wir sehen den „sprechenden Jesus“, wir sehen Maria, seine Mutter, von Trauer und Leid gequält, Johannes, der voller Mit-leiden zu seinem Freund aufschaut. Auf dem Kreuz stehen die Buchstaben INRI. Pilatus hatte ein Schild schreiben lassen, auf dem das Verbrechen steht: Jesus der Nazarener König der Juden, lateinisch: Iesus Nazarenus Rex Iudaeorum.
Dieses Wegekreuz ist mit den uns bekannten alten Wegkreuzen nicht vergleichbar, denn es ist ein Doppelkreuz, aus zwei Richtungen gehen wir auf Jesus zu. Und zwei Tafeln am Pfeiler erinnern an zwei bedrückende Ereignisse unserer Zeit: an die Opfer des Bombenabwurfs im Februar 1945 hier in der Nachbarschaft – 11 Menschen haben ihr Leben verloren –und an die Opfer der Corona-Pandemie in unseren Jahren; 295 an Corona Verstorbene im Rheinisch-Bergischen Kreis (2020-2023).
Dieses Kreuz ist aus unserer Zeit und für unsere Zeit. Der Künstler Walter Jansen hat das Wegekreuz geschaffen; er selbst ist als Kind nach dem Bombenabwurf im Februar 1945 aus den Trümmern eines Hauses hier gerettet worden.
Von ihm kennen wir noch weitere Kunstwerke: in Altenberg, im Dom und in einigen Kirchen unserer Stadt; in unserer Kirche Heilige Drei Könige hier in Hebborn, Odenthaler Straße ist es der Kreuzweg und die Dreikönigsstele vor der Kirche. Und mitten in Odenthal steht der Hexenbrunnen, der an eine schreckliche Hexenverbrennung dort erinnert.
Walter Jansen hat das Kreuz in monatelanger Arbeit erstellt, ohne Berechnung. Der Sockel und der Pfeiler, auf dem das Kreuz steht, sind eine Spende der herstellenden Firma METTEN Stein+Design. Und die Stadt Bergisch Gladbach hat nicht nur den Platz kostenlos zur Verfügung gestellt, sondern diesen auch fachgerecht hergerichtet. Die Bronzefiguren Jesus, Maria und Johannes und das Kreuz aus Glas wurden von privater Seite gestiftet, es wurden keine kirchlichen Gelder dafür verwendet.
Am 25. September 2022 wurde das Kreuz eingeweiht. Die Feier, an der fast 100 Menschen teilnahmen, können Sie als Video ansehen und anhören. Am Ende dieses Video von der Einweihung kommen auch Menschen zur Sprache, die den Bombenabwurf 1945 als Kinder miterlebt haben. Einer von ihnen berichtet auch von der Rettung kriegsgefangener Russen vor den Nazis. Ein ergreifendes Zeugnis der Zeitgeschichte.
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